Die Wildpferde von Livno (Bosnien)

Livno (Bosnien)

Der letzte Teil unserer Reise führt uns nach Livno, eine kleine Stadt mit ca. 10.000 Einwohnern in Bosnien.

Mit gespaltenen Gefühlen treten wir unsere Reise Richtung Split an, wobei wir nicht wissen, was die nächsten 2 Tage auf uns zukommen wird, da dies bislang unsere erste Reise nach Bosnien sein wird. 

Angekommen an einer kleinen Grenze werden unsere Reisepässe genau durchleuchtet und laufen durch das Computersystem, was einige Zeit in Anspruch nehmen wird.

Vor Reiseantritt haben wir uns noch so gut es geht über die Gepflogenheiten und Sitten des uns unbekannten Landes informiert, die Hinweise über eventuelle Gefahren (in Bosnien ist Reisewarnstufe 2 vermerkt) und nützliche Informationen über das Land gesammelt. 

An dem zweiten, kleineren Grenzübergang müssen wir allerdings bitter feststellen, dass wir hier wohl etwas sehr Wichtiges überlesen haben - die grüne Versicherungskarte nach der wir gefragt werden, haben wir natürlich nicht beantragt!

Zwei sehr nette Grenzbeamte fragen uns nach unserem Reiseziel und lassen uns dennoch einreisen, was, wie wir später erfahren, nicht unbedingt üblich ist und schon viele Reisen gerade aus Mangel an Information, genau hier ihr Ende gefunden haben.

Vorbei an unberührter Natur und einem wunderschönen himmelblauen See führt uns unsere Tour auf einer wenig befahrenen Landstraße ins Zentrum von Livno.




Der Hinweis unseres Telefonanbieters über die Kosten von € 8,00 pro MB!!! lassen uns darüber im Klaren werden, dass wir nun außerhalb der EU ersteinmal auf unser Internet verzichten müssen.

Ein Stück außerhalb des Ortskerns finden wir die auf Booking ausgewiesene Unterkunft von Marko Matkovic's "Suite Duman" und fragen nach einem Zimmer für 1 Nacht. 
Äußerst gastfreundlich heißt er uns willkommen und bittet uns in ca. 1 Stunde wiederzukommen, damit er das Zimmer noch fertig machen kann.




Wir nutzen die Zeit um einen Blick ins Innere von Livno zu nehmen und etwas Bargeld vom Automaten zu beheben. Der Umrechnungskurs in die Landeswährung BAM
 (konvertible Mark) ist relativ einfach zu rechnen, da 1 Euro ca. 2 BAM sind. 

Wir finden ein gemütliches Lokal mit Gastgarten in der Nähe vom Zentrum und merken erst jetzt, dass Livno kein typisches Touristenziel ist und der Kellner leider kein Englisch spricht. Mit ein paar Brocken Kroatisch schaffen wir es ein Bier und einen Espresso zu bekommen und zahlen umgerechnet 1,50 € für beides zusammen.

Nach der gemütlichen Rast machen wir uns wieder auf den Weg zum Appartement und staunen nicht schlecht, als uns Marko unsere geräumige Suite mit Schlafzimmer, Wohnzimmer, Badezimmer und eigenen Garten präsentiert.  Das alles zu einem Preis von € 35,00 Euro die Nacht für ein Appartement, wo locker 4 Leute ohne Problem Platz hätten.

Mangeln tut es hier wirklich an nichts - wir haben eine Waschmaschine inkl. zur Verfügung gestellten Waschpulver, Wasserkocher und Löskaffee und viele, viele weitere Extras.
Marko spricht hervorragend Englisch und so fragen wir ihn, ob er jemanden kennt, der uns zu den Wildpferden bringen kann, da wir im Internet keinen Guide dafür finden konnten.

Spontan bietet uns Marko an, uns zu den Wildpferden zu bringen - dies wäre als Extra ebenfalls im Zimmerpreis schon inkludiert. 
Er könnte aber natürlich kein Versprechen darauf geben, diese auch zu finden.

Wenig später befinden wir uns mit ihm, seiner Schwester und seiner bezaubernden Tochter in seinem Wagen und starten unser Abenteuer auf der Suche nach den Wildpferden von Livno.

Wir verlassen die Ortschaft und machen uns auf der Landstraße auf in das 300 Hektar große Areal, wo sich rund 500 Pferde abgespalten in einigen Herden aufhalten sollen. 

Wir befahren holprige Schotterstraßen, wo wir merken, warum im Internet immer wieder auf Jeeps hingewiesen wird. Nach gut 1 Stunde Suche sind wir immer noch nicht fündig geworden, treffen auf unserem Weg immer wieder auf Menschen, die auch auf der Suche nach den Wildpferden zu sein scheinen. Da die Zeit nun langsam knapp wird und der Sonnenuntergang knapp 1 Stunde bevorsteht, müssen wir langsam einsehen, dass wir die Suche wohl auf den nächsten Tag verlagern müssen. 



Als wir schon fast die Hoffnung aufgegeben haben, sehen wir eine kleine Herde Wildpferde auf der gegenüberliegenden Seite der Straße auf einer leichten Anhöhe. 
Mein Herz schlägt mir bis zum Hals und ich kann die erste Begegnung kaum erwarten. 
Wir fahren mit dem Auto so weit es die Straßenverhältnisse zulassen, müssen dann unseren Weg aber zu Fuß fortsetzen. 




Als wir die Wildpferde erreichen überkommt mich ein Gefühl der absoluten Zufriedenheit und ich finde das erste Mal seit Beginn unserer Reise die Ruhe in mir selbst. Wir stehen eine ganze Weile und beobachten die Herde nur wenige Meter entfernt. Nur hier in Livno findet man einen Ort, der so eine Gelassenheit und Ruhe ausstrahlt, dass es in auf einen übergreift und man für eine ganze Weile den Alltag und den Stress vergisst und sich einfach mitnehmen lässt auf dieser Reise zu einem selbst zurück.


Während ich mich noch in unzähligen Gedanken verliere, erzählt mir Marko von der Geschichte von Livno, den Ursprung der Wildpferde und vieler anderer Sachen rund um seine Heimat und ich lausche neugierig jedem seiner Worte. Fast überkommt einen das Gefühl, hier gar nicht fremd zu sein und die Gastfreundschaft die diese kleine Stadt und seine Bewohner ausstrahlen ist kaum in Worte zu fassen. 



Auf unserem Heimweg in unser Appartement haben wir reichlich Gesprächsstoff und beschließen kurzerhand diesen Tag noch bei einem gemütlichen Drink mit Marko in seinem Heimatort ausklingen zu lassen. 

Wir besuchen das Stadtzentrum und kehren schließlich in die kleine Bar ein, die wir heute Nachmittag schon besucht hatten. Nach einigen heimischen Schnäpsen und Bier, kehren wir leicht beschwipst, aber vor allem sehr glücklich über diesen wundervollen Tag mit unserem Gastgeber ins Appartement zurück und fallen sofort in einen tiefen, geruhsamen Schlaf.

Am nächsten Morgen packen wir unsere Koffer mit Schwermut - traurig über den kurzen Aufenthalt in dieser schönen Stadt mit all' seinen bemerkenswerten und freundlichen Menschen, aber vor uns liegt eine 7-stündige Heimreise ohne weitere Stopps.

Wir bedanken uns noch bei Marko, der unsere Tour zu etwas so Besonderen gemacht hat, und in dem wir nach so kurzer Zeit einen Freund gefunden haben, der diese Reise in unseren Gedanken noch so viel Energie gibt.

Während wir das Stadtzentrum verlassen, fassen wir beide den Gedanken, doch einfach noch auf einen kurzen Abstecher zu den Wildpferden zu fahren - und wir haben Glück sie nicht weit entfernt vom gestrigen Aufenthaltsort anzutreffen.



Mit ein paar Brotkrümeln in der Tasche nähern wir uns vorsichtig der neugierigen Herde, wo wir sogleich die Leittiere ausmachen können, da uns diese kaum aus den Augen lassen.
In ca. 20 Meter Entfernung setzen wir uns ins Gras und genießen den Anblick der vertrauten Ruhe der grasenden Herde. Es dauert eine Zeit, bis sich eines der Leittiere, ein dunkelbrauner Hengst langsam nähert, gefolgt von einer weiße Stute, deren Aufmerksamkeit wir wohl auf uns gelenkt haben. 




Ich krame einige Brotkrümel hervor und strecke sie dem Hengst voller Neugier, aber auch Ehrfurcht entgegen, während mich dieser langsam abtastet. 

Nur einige Sekunden später, macht die weiße Stute kehrt, wiehert ihren Artgenossen entgegen und ehe wir uns versehen können, galoppiert eine ganze Herde geradewegs auf uns zu. 

Während mein Mann die Ruhe weg ist, packt mich dann doch die Angst und ich bewege mich einige Schritte rückwärts, dennoch sind wir im selben Moment umzingelt von einer Herde Wildpferde, die sich - so als gehörten wir längst dazu - einfach neben uns niederlassen und friedlich grasen. Ein wenig muss ich über mich selbst lachen, dass mich die Angst so kurze Zeit im Griff hatte, obwohl ich doch so viele Jahre schon selbst ein Pferd habe und von Kind auf immer mit ihnen zu tun hatte.



Und ganz plötzlich sind wir ein Bestandteil der Herde, werden von der Ruhe der grasenden Herde angesteckt und befinden uns irgendwo im Nirgendwo und beobachten die spielerischen Kämpfe der Junghengste und die völlige Losgelassenheit der Fohlen, die sich neben uns im Gras niederlassen. Wir beobachten den sichtlich ältesten Hengst einer Herde der energisch und mit Nachdruck, aber trotzdem mit einer Sanftheit die Junghengste ihre Grenzen aufzeigt.










Mit einem letzten Blick auf die Herde verabschieden wir uns und planen bereits in Gedanken unseren nächsten Besuch in dieser wunderschönen Gegend.





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